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  • Kristina Räder

Hormone da, Rückruf weg – bin ich jetzt machtlos?


Eigentlich kennt das doch fast jeder Hundehalter, oder? Man hat mühsam den Rückruf mit seinem Hund trainiert und nach einer Weile (bei Welpen meist so mit dem 4./5. Monat, bei Tierschutzhunden oft nach etwa 3-6 Monaten) läuft es dann endlich so richtig rund. Stolz wie Bolle zeigt man allen, wie gut der eigene Hund hört und genießt den Erfolg. Doch ein paar Wochen oder Monate später sieht es plötzlich wieder ganz anders aus: der Hund kommt einfach nicht zurück. Woran kann das bloß liegen???

Ok, zugegeben, die erste und einfachste Erklärung sind die Hormone, die den Hund nun geflutet haben, schließlich ist der Welpe nun ein Junghund geworden, hebt regelmäßig sein Beinchen und/oder kämpft mit der ersten Läufigkeit. Entsprechend hat der Hund nun anderes im Kopf als Herrchen oder Frauchen nachzueilen – da wäre die nette Hündin von nebenan schon interessanter. Und noch schlimmer: mit der hormonellen Reife nimmt nicht nur der Sexualtrieb unserer Hunde an Fahrt auf, nein, auch alle anderen Triebe erwachen mehr oder weniger stark. Plötzlich wird gejagt, verteidigt und das Territorium gesichert. Rückruf? Fehlanzeige!

Auch bei Hunden aus dem Tierschutz stellt sich meist eine Veränderung ein: hat man sie zunächst gut konditionieren können (was naturgemäß bei einem erwachsenen Hund schonmal schwieriger ist), so werden sie oft nach einiger Zeit im neuen Zuhause (zum Glück!) sicherer und fühlen sich in der neuen Umgebung wohler. Effekt? Auch sie erweitern nun häufig ihren Radius, werden mutiger und testen mehr aus. Auch hier wird der mühsam trainierte Rückruf plötzlich meist nochmal schwächer.

Angesichts dieser Tatsache ist natürlich klar, dass der Rückruf leidet. Man ist ja quasi auch machtlos…oder doch nicht??? Nein, so ganz unschuldig sind wir Menschen oft doch nicht daran, dass der einst so gute Rückruf plötzlich nochmal schwächelt. Hier einige Fragen, die man sich stellen sollte, wenn oder besser noch BEVOR der Rückruf nicht mehr ganz rund läuft:

1. Habe ich vielleicht zu früh meine Hände in den Schoß gelegt und nicht mehr ausreichend trainiert? Oft übermannt uns einfach etwas die Faulheit, wenn etwas gut läuft. Funktioniert er einmal, trainieren wir den Rückruf häufig nicht mehr wirklich, sondern nutzen ihn nur noch, wenn wir ihn brauchen. Manchmal verwenden wir plötzlich sogar keine Pfeife mehr oder gleich ganz andere Kommandos. Damit wäre Fehler Nummer eins enttarnt. Etwas so Wichtiges wie den Rückruf sollte man nie aufhören, hin und wieder mal zu trainieren, denn bestenfalls lässt man auch ein älteres Auto immer mal warten. GERADE in der Pubertät oder einige Zeit nach dem Einzug des erwachsenen Hundes gilt also: üben, üben, üben und sich in verschiedenen Situationen immer weiter vergewissern, dass das Erlernte noch sitzt.

2. Habe ich vielleicht nur noch gerufen oder gepfiffen, wenn es wirklich wichtig oder dringend war? Wir neigen dazu, den Rückruf zunehmend nur noch in wirklich schwierigen oder gar ernsten Situationen zu nutzen – ansonsten hat Fiffi einfach seine Freiheiten. Nur tun wir uns damit keinen großen Gefallen. Zum einen verliert der Hund zunehmend die Freude am Rückruf, weil dieser nur noch die schönsten Dinge unterbindet: Spiel, Jagd oder einem tollen Geruch nachgehen und ihn meist an die Leine bindet. Und ein cleverer Hund lernt noch dazu: wenn gepfiffen wird, dann muss irgendwo etwas besonders Spannendes zu finden sein. Manche Hunde schauen sich daher auf Rückruf geradezu nach diesem „tollen Ereignis“ um. Wo ist denn der andere Hund? Wo steht das Reh? Ergo: immer mal in leichten Situationen rufen/pfeifen und belohnen und nur selten in wahrlich schwierigen wäre die bessere Lösung.

3. Und noch eine Frage sollte man sich stellen, wenn der Rückruf nicht mehr so fluppt, wie er sollte. Habe ich meinen Hund denn noch adäquat belohnt? Auch hier werden wir Menschen nämlich schnell einmal nachlässig. Kommt der Hund zuverlässig, wenn ich ihn rufe, dann braucht er seinen Keks doch bestimmt auch nicht mehr, oder? Er weiß ja schließlich, was zu tun ist! Ich bin zwar auch kein Fan davon, immer mit Keksen durch die Welt zu laufen, aber ich bin dennoch ein großer Freund davon, Hunde immer mal wieder dafür zu belohnen, dass sie mich vielen anderen, spannenden Dingen im Leben vorziehen. Natürlich muss das nicht immer ein Keks sein – bestenfalls reicht in vielen Fällen ein netter Blick, ein lebevolles Wort, doch manchmal darf es schon auch ein Spiel oder eben ein Keks sein. Freuen wir uns nicht auch darüber, wenn ab und zu mal jemand mit Blumen, einem netten Brief oder einer liebevollen Geste auf uns wartet, anstatt alles als selbstverständlich hinzunehmen?

Daher gilt: natürlich erschweren Hormone sowie Eingewöhnung den Abruf gewaltig. Doch machtlos sind wir diesem Prozess noch lange nicht ausgeliefert. Schließlich können wir mit stetiger Übung, vielen positiven Rückruf-Erfahrungen in leichten Situationen und einer angemessenen, intermittierenden Belohnung dafür sorgen, dass der Rückruf nicht allzu sehr unter diversen Einflüssen leidet. Und wer sich jetzt vielleicht ein wenig „ertappt“ gefühlt hat, dem möchte ich empfehlen, gleich heute nochmal auf den Rückruf zu achten und einfach das ein oder andere nochmal besser zu machen.

Text: A.Nowatzek

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Melde dich gerne: kristina@hundepraxis.com www.hundepraxis.com

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